Samstag, 20. Dezember 2014

Kambodscha - aus dem Reich der Khmer

Als wir in Kambodscha am Flughafen von Siem Reap aufs Rollfeld traten, wurden wir zuerst mit der fuer uns ungewohnten Hitze von ueber 30 Grad am Schatten konfrontiert. Der Bereich der Einwanderungsbehoerde war aber gluecklicherweise klimatisiert, das Visumsprozedere lief schnell und unkompliziert ab und nach einer kurzen Taxifahrt erreichten wir unser Hotel, wo wir uns nach einem fruchtigen Welcome-Drink bald im Pool abkuehlten.

Wir hatten Siem Reap allerdings nicht in erster Linie als Badeurlaubsort angeflogen, sondern um die weltbekannten Tempel von Angkor zu besuchen. Die Tempel von Angkor, 1992 ins UNESCO Weltkulturerbe aufgenommen, sind das beeindruckende Erbe des Reiches der Khmer, welche waehrend rund 600 Jahren von ca. 800 bis 1400 n.Chr. im heutigen Kambodscha herrschten und damals eine der wichtigsten Kraefte im suedostasiatischen Raum darstellten. Die Tempel und sonstigen Ueberbleibsel der damaligen Hochkultur sind dermassen zahlreich, dass man sich problemlos mehrere Tage lang in den Ruinen aufhalten kann. Wir entschieden uns fuer einen Dreitagespass und mieteten zwei Fahrraeder, um uns moeglichst unabhaengig zwischen den altehrwuerdigen Gemaeuern bewegen zu koennen.

Wir begannen unsere Erkundungstour mit einem der aeltesten Tempel, Preah Khan, welcher zudem recht weit von unserem Hotel entfernt lag. Nach einer stattlichen Velotour erreichten wir schliesslich die mitten im Wald gelegene Ruine und betraten die Anlagen durch das Nordtor. Die teilweise von Baeumen und Moosen ueberwachsenen Mauern, die verwinkelten Gaenge sowie die in vielfaeltiger Form in Stein gemeisselten Figuren faszinierten uns von Anfang an und luden zum Erkunden ein. Die Zeit verging wie im Fluge und nach dem Ansteuern einiger anderer kleinerer Tempel versank die Sonne schon bald hinter dem Horizont...

Nordtor des Tempels Preah Khan

Reich verzierte Mauern und grazile Statuen

Der Dschungel hat sich eingenistet

Die verschiedenen Innenhoefe laden zum Erkunden ein

Am Folgetag verliessen wir unser Bett schon mitten in der Nacht und radelten in der Dunkelheit zum bekanntesten Tempel, Ankor Wat. Fuer das fruehe Aufstehen wurden wir mit einem wunderbaren Sonnenaufgang belohnt: Die Tuerme Angkor Wats erschienen zuerst vor einem tieforangen Hintergrund, welcher sich anschliessend hellviolett und dann gelblich verfaerbte - ein unvergesslicher Anblick! Die Tempelanlage, die groesste der Welt, hielt neben einer Vielzahl von Gaengen, Treppen und Tuermen insbesondere viele Meter lange, gut erhaltene (bzw. restaurierte) Wandreliefs bereit, welche Szenen aus der Religion und Mythologie der Khmer abbildeten.

Sonnenaufgang bei...

...Angkor Wat

Riesige Reliefs zieren ganze Gaenge

Blick von der Tempelanlage zum Eingangsbereich von Angkor Wat

Nach einem staerkenden Fruehstueck begannen wir die kurze Fahrt nach Angkor Thom, der ehemaligen Hauptstadt des Khmer Reiches. Die Stadt zaehlte in ihrer Hochbluete ueber eine Million Einwohner; dies zu einer Zeit, als in London gerade mal 50'000 Leute lebten. Wir begaben uns durch das Suedtor in das rund 10 Quadratkilometer grosse Stadtgebiet und erreichten bald Bayon, den bekanntesten Tempel von Angkor Thom. Die Anlage besteht aus 54 Tuermen, von denen insgesamt 216 in Stein gehauene Gesichter den Besucher aus allen moeglichen Winkeln anstarren.

Den Rest des Tages verbrachten wir damit, die riesige Anlage Angkor Thoms mit ihren unzaehligen Bauwerken zu erkunden, bis wir am Abend wieder bei Angkor Wat ankamen (diesmal bei Sonnenuntergang).

Wir ueberqueren den Wassergraben und gelangen durch das Suedtor nach Angkor Thom 

Bayon

Wie einige andere Touristen begehen wir die Tempelanlage von Bayon...

...bestaunen die in Stein gehauenen Gesichter...

...welche einen aus allen Richtungen anstarren.

Bayon ist auch von der Groesse her beeindruckend

Blick vom Tempel Baphuon (ebenfalls Teil von Angkor Thom)

Moenche betreten die Anlage von Phimeanakas

Diese lustigen Kerle fotografierten uns haeufiger als wir sie...

Angkor Wat vor Sonnenuntergang



Fuer den dritten Tag hatten wir uns den wohl spannendsten Tempel, Ta Prohm, aufgespart. Dieser Tempel (u.a. auch im Film "Tomb Raider" verewigt) ist insbesondere daher besonders reizvoll, weil er groesstenteils vom Dschungel ueberwachsen wurde, sodass sich allerorten maechtige Wurzeln um die Mauern schlaengeln und hohe Baeume ueber den Tempelkomplex hinausragen. Beinahe jede Ecke und jeder Innenhof haelt eine neue Ueberraschung oder Ansicht bereit und man fuehlt sich ein bisschen wie die Entdecker, welche im 19. Jahrhundert die Tempel von Angkor "gefunden" hatten...

Ta Prohm, mitten im Dschungel


An jeder Ecke gibt es etwas zu entdecken

Unter anderem mit maechtigen Baeumen und...

...Wurzeln verschlingt die Natur den Tempel

Eine Vielzahl von filigranen Statuen findet sich zwischen Wurzeln...

...und Moosen

Nach drei intensiven "Tempeltagen" freuten wir uns schliesslich auf gemuetliche Tage in Siem Reap. Dazu zogen wir in ein Hotel im Zentrum um und genossen zwei Tage am Pool sowie beim Schlendern durch die uebersichtliche Innenstadt. Diese erwachte insbesondere nach Sonnenuntergang zum Leben, wobei neben den unzaehligen Restaurants und Bars vor allem der Nachtmarkt eine grosse Zahl von Besuchern anzog. Sabine goennte sich dabei auch eine Manicure, Tobi vertraute seine Fuesse dem Fish Spa an (kleine Fische knabbern dabei Hornhaut etc. von den Fuessen, was sich bisweilen sehr kitzlig anfuehlt).

Fish Spa - die Koerperhaltung verraet, dass die kleinen Fische ganz schoen kitzeln

Eine holprige, rund sechsstuendige Fahrt auf meist nicht asphaltierter Piste brachte uns schliesslich in die lebendige Hauptstadt Kambodschas, Phnom Penh. Wie Siem Reap hatte auch Phnom Penh einiges an gastronomischen Highlights zu bieten, die uebersichtliche Innenstadt verfuegte zudem aber auch ueber einige touristische Sehenswuerdigkeiten wie den Koeniglichen Palast mit der silbernen Pagode oder den verwinkelten Russischen Markt, auf dem von Motorradzubehoer ueber frischen Fisch bis hin zu Souvenirs alles Moegliche feilgeboten wurde und in dem man sich auch ein bisschen verlaufen konnte.

Platz zwischen Uferpromende und koeniglichem Palast

Koeniglicher Palast 

In Phnom Penh wird einem auch ein dunkles Kapitel der Geschichte Kambodschas gegenwaertig gemacht: Als die "Khmer Rouge" unter der Fuehrung von Pol Pot 1975 nach einer mehrjaehrigen buergerkriegsaehnlichen Phase die Macht in Kambodscha uebernahmen, begannen sie sofort mit einem radikalen Umbau des Landes. Mit dem Ziel, eine als landwirtschaftliche Kooperative organisierte Gesellschaft zu schaffen, wurde die Stadtbevoelkerung aufs Land vertrieben und ein Grossteil der staatlichen Institutionen wie Schulen, Post, etc. wurden zerstoert. Gleichzeitig wurden Intellektuelle, Lehrer, Geschaeftsleute, Juristen und weitere der Revolution potenziell gefaehrliche Gesellschaftsschichten systematisch deportiert, eingesperrt und umgebracht.

Tuol Sleng, das groesste Gefaengnis, welches in einer ehemaligen Schule untergebracht wurde, wurde praktisch unveraendert belassen und dient heute als Museum. Eine bedrueckende Ausstellung zeigt die Zellen der Gefangenen, die angewandten Foltermethoden sowie eine Vielzahl von Fotos und weiteren Dokumenten im Zusammenhang mit den inhaftierten Personen. Unweit von Phnom Penh bei den Killing Fields von Choeung Ek wird man zudem mittels informativer Audio Tour ueber die Massenexekutionen der deportierten Opfer informiert, wie sie unter anderem an diesem Ort stattgefunden hatten. Heute erinnern Gedenktafeln, ein Grabdenkmal mit rund 8'000 Schaedeln sowie bei Regenzeit aus dem Untergrund auftauchende Gebeine an die Verbrechen von damals.

Die Schreckensherrschaft der "Roten Khmer" wurde 1979 durch die vietnamesische Armee beendet. Bis heute ist nicht geklaert, wieviele Menschen waehrend den 3 Jahren und 8 Monaten unter dem Regime von Pol Pot infolge Exekution oder Hungertod umkamen - die Schaetzungen variieren von 2 bis 3 Millionen Toten. Die letzten ueberlebenden Verantwortlichen der Khmer Rouge wurden im August 2014 nach mehrjaehrigem Prozess durch das "Rote Khmer Tribunal" zu lebenslanger Haft verurteilt.

Blick in den Innenhof von Tuol Sleng

Zelle in Tuol Sleng

Mit Stacheldraht zum Gefaengnis umfunktionierte Schule

Neben Sightseeing und dem Ergruenden geschichtlicher Fakten nutzten wir die Zeit in Phnom Penh auch fuer einige praktische Dinge: Visum fuer Vietnam organisieren, ueberfluessiges Gepaeck nach Hause senden, Haare schneiden. Wir trafen uns zudem mit Martin, einem frueheren Arbeitskollegen, der sich zufaelligerweise zur gleichen Zeit wie wir in der Stadt aufhielt. Danach bestiegen wir an den Docks ein Speedboat, mit welchem wir den Mekong hinunter nach Vietnam reisten - bei Sonnenuntergang erreichten wir schliesslich Chau Doc und das Abenteuer "Vietnam" begann...

Der Friseur meinte es etwas gar gut, entsprechend kurz die Haare

Mit Sack und Pack bestiegen wir das Mekong-Speedboat...

...und erreichten bei Sonnenuntergang Vietnam